Donnerstag, 31. Oktober 2013

BB vom 30.10.2013

Ort: Laufenselden
Uhrzeit: 21:00 bis 2:15 Uhr
Wetter: Klar, mäsige Transparenz, -2°C
GG: fst ~5m8

Eine Nacht bei der ausnahmsweise die Objekte in den Hintergrund traten. Langweilig? Das Gegenteil war der Fall! Aber von vorne...

Als ich kurz nach neun am Platz eintraf waren Jan und Hans bereits mit dem Aufbau fertig, vor allem Hans neues Gerät interessierte mich brennend. Nicht nur, dass ich überzeugt bin, dass er nun "sein" Gerät schlechthin gefunden hat, ich wollte ein Teleskop dieses Herstellers, welches auch immer, nach vielen Jahren der Fernbewunderung endlich einmal direkt vor meiner Nase haben. So baute ich auch erst einmal gar nicht das eigene Gerät auf sondern widmete mich auf Wunsch und mit Erlaubnis von Hans zunächst seinem neuen 12" f/4,5 Spacewalk Telescopes Dobson von Christian Busch. Fast hätte ich versehentlich sogar das erste Licht bekommen, das lehnte ich aber kategorisch ab: Das gebührt niemand anderem als dem Besitzer ;)

Da ich mehr als die halbe Nacht mit dem Erkunden und Bequatschen dieses Teleskops verbrachte möchte ich meine Eindrücke gleich an den Anfang stellen:

Die Bilder des Teleskops kann sich ja jeder auf der entsprechenden Webseite anschauen (ja ich mache jetzt mal Schleichwerbung), als ich ankam war er ja schon komplett aufgebaut. Das erste was mir auffiel war die vorbildliche Vollabdeckung der Spiegelbox mit einem gigantischen Lüfter versehen, der fast unhörbar seinen Dienst tat. Der Hut ist optisch sehr filigran aus Alu und Holz gefertigt, die FS-Einheit (mit Tauheizung) sieht sehr wertig aus und wie ich später bei der Justage merkte auch tadellos in der Bedienung. Das erste Bewegen des Gerätes war... eine echte Offenbarung! Ich bilde mir ein, schon ziemlich viele Dobsons unterschiedlichster Hersteller und ebenso viele Selbstbauten geschwenkt zu haben, aber was ich hier an Rückmeldung bekam... Gänsehaut! Ich will hier natürlich keinen der mir bekannten Selbstbauer irgendwie herabsetzen, aber woran die Haptik für mich als NICHT-Besitzer dieser Geräte immer etwas irritiert ist bei aller Weichheit das Gefühl "Oh aufpassen, nicht zu fest anfassen". Realistisch sind die natürlich mit Sicherheit ebenso stabil und unkaputtbar aber man hat oft das Gefühl etwas zerbrechliches zu berühren. Dieser Eindruck fehlt hier völlig, von der Stabilität her hat man "richtig was in der Hand", ähnlich einem völlig starren Volltubus, aber mit der sanften Smoothness eines perfekten Selbstbaus. Kein Losbrechen, kein Ruckeln, nicht einmal im Ansatz. Später verstärkte sich der Eindruck beim Beobachten, während man einen Stangendobson von GSO oder Skywatcher noch problemlos bei 200x nachführen kann, meinen Martini bei 300x, sehe ich hier kaum sichtbare Grenzen, das Schwingen (ich scheue mich fast es so zu nennen) bewegt sich in so engen Grenzen, dass auch bei Höchstvergrößerungen weder beim Fokussieren noch beim Nachführen irgendwelche negativen Effekte auftreten. 

Der Blick geht vom Hut weiter nach unten, das Stangendesign mit seinen Verstrebungen ist auf den ersten Blick in der Dunkelheit erst einmal unübersichtlich, zeitgleich aber mit Sicherheit einer der Hauptgründe für die Steifigkeit des Systems, den Aufbau hat man so oder ähnlich schon gesehen, umgesetzt ist es genial einfach. Was mir besonders gut gefallen hat (nicht nur bei diesem Teleskop) ist die Art der Stangenklemmung, die nicht nur fix zu bewerkstelligen und ohne verlierbare Einzelteile gestaltet ist, sondern vor allem den Transport der Stangen in einem Stück erlaubt, auch muss man sich keine Sorgen um die Reihenfolge der Stangen machen, durchdacht und nachahmenswert ;) Beim Abbau zeigt sich ein weiteres feines Feature: Während bei meinem Martini zwar theoretisch einen Transport des Hutes in der Spiegelbox bietet, aber wer schraubt schon seinen OAZ für jeden Transport ab wenn es nicht gerade in den Urlaub geht? Hier lässt sich der stabile Aluhut einfach aufstecken und schon hat man Platz gespart und der Hut ist für den Transport gesichert.

Die Optik ist ein Spiegel mit Brief und Siegel, den Christian Busch selber geschliffen hat. Gleich vorweg, wir haben keine wie auch immer gerarteten Optiktestereien unternommen, wozu auch - er hat den Wisch der sagt, dass es sich um eine hervorragende Optik handelt. Nichtsdesto trotz wollten wir natürlich wissen was er leistet und es mit eigenen Augen sehen. Die Justage war erst einmal kein Thema, Hans meinte er wäre gut vorjustiert, das war er sicher aber es war auch ein lange Transport und der erste Aufbau, bei der Laserkontrolle (bzw. schon vorher am Stern) zeigte sich aber gar nicht mal unerhebliche Dejustage die aber dank der schönen Zelle fix korrgiert war. Nein, dieser Spiegel ist kein GSO! ^^ Wunderschöne Sterne und starker Kontrast, und da ist denke ich mit einer Socke noch Platz nach oben! Mein 12er kam da in keiner Disziplin mit, aber dazu später mehr. Verschiedene Objekte mal mit mal ohne Filter mal mit einfacherern mal mit Nagler Okularen wurden angepeilt (Oh Peiler ist auch ein einfacher drauf, sicher nicht der Weisheits letzter Schluss aber es hat funktioniert). Man merkt durchaus, dass f/4,5 anliegen, am Rand können das auch die Nagler hier nicht mehr perfekt abbilden, aber hey - ich fand es durchaus vernachlässigbar, Randgucker mögen einen KK benötigen, ich definitiv nicht, nicht mit diesen Okularen. 

Alles in Allem ein Teleskop, das wirklich seines Gleichen sucht was Haptik, Stabilität und Optik angeht. Auch äusserlich gefällt mir das Design auserordentlich gut mit EINEM Kritikpunkt: Das Finish des Holzes hätte durchaus noch Zuwendung vertragen. Ich bin kein Fetischist was das angeht und schon gar kein Fachmann, aber selbst mit meinen zwei linken Händen habe ich Kanten rund geschliffen und mehrere Lagen (Schleif)Lack aufgebracht, fühlt sich dadurch einfach fertiger an. Fairerweise muss man sagen, dass solche Arbeiten für die tatsächliche Gebrauchsfähigkeit zweitrangig sind (Holzschutz ist wohl drauf) und nicht unerhebliche Arbeitsstunden mit sich bringen. Im Gegensatz zum Rest des Teleskops kann und darf man hier aber auch selber Hand anlegen, ich denke Hans sah das auch so, äusserte das sogar als Erster und wird in die Richtung noch nachbessern. Am Ende stand ich ratlos vor meinem Martini, die Konstruktion ist praxisgerecht aber nicht so filigran und nicht an allen Ecken so durchdacht, die Mechanik ist aber hinreichend sanft genug um keinen Neid aufkommen zu lassen, aber wenn man sich den Preis für das Grundgerüst ohne Optik anschaut ist da ein Preisunterschied zu Ungunsten des Martini und das obwohl ein MERKLICHER Unterschied in Mechanik und Haptik besteht! Stünde ich vor der Wahl... es wäre der Spacewalk Dobson. Man sieht dem Teleskop also nicht nur seine ATM-Herkunft an, vor allem merkt man, dass der Konstukteur nicht nur nachgedacht und sauber gearbeitet hat, man fühlt, dass man hier die Ideen eines engagierten und aktiven Deepskybeobachters umgesetzt findet.

Wer Haare in der Suppe sucht, wird sie eben in Form des Oberflächenfinishes finden, ansonsten sind die Kritikpunkte entweder nicht zu finden oder für jedes Teleskop gleichermaßen gültig. Die Justage saß sicher nicht hundertprozentig (unsere/meine Schuld), der Hauptspiegel taute nach Mitternacht zu, das ist a.) der offenen, flachen Spiegelkiste geschuldet und b.) und jetzt wirds wichtig: Selbst Jans Volltubus (!) konnte zu diesem Zeitpunkt mit einem zugetauten HS aufwarten, es war also RICHTIG nass, entgegenwirken kann man hier noch mit einem kleiner HS-Taukappe aus Moosgummi o.ä. aus. Noch ne Socke und ein Rigel Quikfinder und Hans hat ausgesorgt. Der erschien mir auch ausgesprochen bewegt und erfreut und kam mit dem Gerät unheimlich gut klar, ohne Probleme wurde über den Himmel geschwenkt und dieses und dann jenes Objekt ins Okular geholt, als hätte er nie etwas anderes getan - Unser Fazit, dass wir ihm auch so mitteilten, nach alle den Jahren der Parallaktikerits und der Gotoerei erschien er uns angekommen -  der Rest ist Übung, die beim Geniessen von ganz alleine kommt ;)

Zweiter interessanter Dauerbrenner des Abends war ein Okular aus dem Hause Explore Scientific, namentlich in 24mm Brennweite mit 82° Feld. Zum Vergleich musste mein 22er LVW und Hans 20er Nagler herhalten. Holla! Ich war weniger überrascht denn begeistert von der Abbildungsqualität. Das LVW ist ja bekannt dafür bis f/4 sehr gut am Rand abzubilden, das tut es auch nach wie vor, nur der Rand ist so nah am Zentrum -.- Das war mir natürlich schon immer bewusst, aber zum enormen Feld, wie man es von den Naglern ja auch kennt, kam eine als gut zu bezeichnende Randabbildung (für MICH war schon erhebliches Augenverdrehen von Nöten um einen Unterschied zum Nagler herauszuarbeiten), noch auffälliger aber eine erstaunliche Brillianz hinzu. Jetzt sind 22mm und 24mm natürlich zwei verschiedene APs, das Feld tut sein übriges, aber der Kontrast war im ES merklich besser als im LVW - und das trotz größerer AP - Das soll das Vixen nicht als schlechtes Okular abstempeln, aber die Vergütungstechnik ist nunmal schon über 10 (gar 15?) Jahre alt, da hat sich schon sehr viel getan, ob es (mit) an der Argonfüllung liegt mag ich nicht recht glauben. Fest steht, dass ich mir zeitnah ein Okular einer niedrigeren Brennweite zulegen werde um weiter zu vergleichen, bleibt es bei meinen Eindrücken könnte es sein, dass ich meinen Koffer nochmal überarbeiten werde. Zeitlgleich konnte ich auch den ES [OIII] Filter gegen meinen Baader [OIII] antreten lassen. Die Sternabbildung war besser, weniger verwischte Sterne aber auch nicht so harte Filterung, definitiv kein Schrott! Trotzdem bin ich einstweilen mit dem härteren Baader zufrieden, lieber einen harten UHC als Ergänzung anschaffen.

Sehr auffällig und für mich mitunter sehr schmerzhaft war aber die Erkenntnis des Abends: Mein Teleskop hat nach wie vor ein herbes Kontrastproblem. Jans 10"er ist hier ganz weit vorne und auch Hans neues Gerät war natürlich besser. Im 10" GSO kann man noch mit Volltubus und perfekter Innenschwärzung argumentieren, beim Spacewalk nicht und sowohl Spiegelbox als auch Hut sind ja ausgekleidet. Es wäre träumerisch zu hoffen, dass das Schwärzen von eins zwei Details und einer Socke mein Problem aus der Welt schaffen wird (wobei ich das nun zeitnah endlich fertig machen werde!), ich muss der Wahrheit ins Auge blicken: es ist mein versiffter Spiegel - wie ich ja schon oft gejammert habe ist der Spiegel angegriffen und nicht zu reinigen, nächstes Jahr um die Zeit habe ich entweder eine neue Beschichtung oder einen neuen Spiegel drin, das sollte helfen ;) Immerhin konnte ich als kleines Trostpflaster im direkten 1:1 Vergleich feststellen, dass mit guter Justage und dem richtigen Okular die Auflösung und Helligkeit der Öffnung entspricht...

Was von der Nacht blieb - die Transparenz war unterdurchschnittlich, trotzdem war eine Vielzahl von (Standard)objekten sehr nett anzusehen, so der Cirruskomplex, M42 und h+x, die hauptsächlich als Testobjekt herhielten. Auch ein Blick gen M31 und Jupiter (sehr nett in meinem Teleskop mit dem neuen 9mm Planetary, das ich für das Heritage besorgt habe) waren lecker. Das Wetter war bei eisigen -2° sowohl Autos als auch Equipment hatten am Ende einen schönen Panzer...

Hauptsache waren heute aber die Technikfrickeleien aber auch die nette Gesellschaft samt mitunter tiefschürfenden Gesprächen, vielen Dank an meine beiden Mitbeobachter :)

>>Eisiges Firstlight oder Hans im Glück<<

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen